Indische Schöpfungsgeschichte
Die Welt begann zu existieren, als an einem schönen Morgen der Gott Brahma erwachte. Er saß auf einer prächtigen Lotusblume, die gerade ihre makellosen, weißen Blätter auf der Oberfläche des Urmeeres geöffnet hatte.
Während Brahma die leere, nur aus Meer und Himmel bestehende Welt betrachtete, überlegte er: 'Woher komme ich?' Er sah ins Wasser hinunter, wo der Lotosstengel, der ihn trug, emporgewachsen war. Zu seiner Überraschung erkannte er, dass er aus dem Nebel einer Person hervorkam, die am Grunde des Weltmeeres schlief. Der Schlafende war Vishnu, un sein göttlicher Kopf ruhte auf dem gewundenen Leib der Weltenschlange Ananta-Shesha.
'Wer bist du?' fragten sich die Götter gegenseitig und fingen einen Streit an.
'Ich habe dich erschaffen, indem ich an dich dachte', meinte Brahma.
'Ich gebar dich, also bin ich dein Vater und deine Mutter', entgegnete Vishnu.
Plötzlich bemerkten sie eine Lichtsäule, die vom Grund des Ozeans zum Himmel aufstieg. Vishnu und Brahma kamen überein, dass dieses merkwürdige Phänomen untersucht werden müsse. Vishnu nahm die Gestalt des Varaha an , seiner Inkarnation als Wildeber, während Brahma in die Gestalt des Hansa, des Schwans, schlüpfte und in den Himmel flog, um dessen oberstes Ende zu finden. Beide kehrten erfolglos zurück.
Da öffnete sich auf einmal mitten in der hellen Säule eine Tür, und Shiva trat heraus. Bevor die drei Götter mit der Schöpfung begannen, trugen sie einen freundschaftlichen Wettstreit aus. Jeder von ihnen war der Schöpfer. Sie war nicht nur Brüder, nein, sie waren zudem auch völlig identisch, denn es gibt nur einen Gott, und der hat tausend Namen und ebenso viele Erscheinungsformen.
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